15. Europaseminar 2018 in Brüssel
„Die Europäische Union und der Brexit – Zwischen Vertiefung und Rückbesinnung auf nationale Politik“
35 angehende Kaufleute des Groß- und Außenhandels aus den Klassen GH 71 und GH 72V besuchten gemeinsam mit den Lehrkräften Frau Volmari, Herrn Wörmann sowie Herrn Wilczek die Stadt Brüssel, um dort vom 14. bis 16.11.2018 das Europaseminar im Rahmen der Europäischen Union und des Brexit zu besuchen.
Nach einer knapp fünfstündigen Busfahrt sind wir am Mittwoch gegen 11.15 Uhr in unserer neuen Heimat für die nächsten drei Tage angekommen. Frau Corinna Radermacher, als Vertreterin der Europäischen Akademie NRW, hat uns im Sleep Well Youth Hostel in Empfang genommen und uns den Ablauf des Seminars erklärt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben dabei auch schon anonym erste Fragen im Rahmen des aktuellen Themas aufschreiben können, die im weiteren Verlauf der Seminartage geklärt werden sollten.
Nach einer kurzen Mittagspause stand unser erster offizieller Programmpunkt auf dem Plan: Wir besuchten im Europaviertel das erste Organ der EU, die Europäische Kommission. Dabei informierte uns Herr Peter Baader als Vertreter der Generaldirektion Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung über die Struktur und Aufgaben der Europäischen Kommission, die ein Vorschlagsrecht hinsichtlich EU-Verordnungen sowie EU-Richtlinien hat. Mit aktuellen Alltagsfällen erläuterte uns der Referent mögliche Konsequenzen bei Vertragsverletzungen und erklärte uns, wie EU-Programme in Bezug auf den Handel, den Wettbewerb und die Forschung dabei umgesetzt würden. Unterstützt von der EU werden auch Projekte in Tourismus und Bildung, wie das uns bekannte Projekt Erasmus.
Nach 90 Minuten machten wir uns anschließend in zwei Gruppen auf den Weg, eine politische Stadterkundung durch Irmtraud Kirschner und Paul Sanders zu genießen. So konnten wir in knapp zwei Stunden erste Impressionen der Stadt Brüssel sammeln. Der Grand-Place sowie das berühmte Manneken-Pis und der historische Platz des Mont des Arts durften natürlich nicht fehlen. Alle Sehenswürdigkeiten haben uns sehr beeindruckt. Unser „Sightseeing“ führte uns wieder zurück in unser neues Zuhause. So haben wir unsere Zimmer im Hostel bezogen und den Abend zur freien Gestaltung nutzen können.
Am Donnerstag, dem zweiten Tag unseres Seminars, haben wir ab 9.00 Uhr zunächst ein weiteres Organ der EU, das Europäische Parlament, besucht. In dem Plenarsaal erhielten wir durch die Referentin Frau Marlen Peppler wichtige Informationen über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments. So besteht das Parlament aus 751 Abgeordneten, darunter hat Deutschland mit 96 Personen den größten Anteil. Insbesondere die große Parteienanzahl von 212 Fraktionen hat uns sehr beeindruckt und uns vor Augen geführt, welch große Herausforderung es ist, „Brücken zwischen den verschiedenen Ländern Europas zu bauen“. Für die aktuell 28 Mitgliedsstaaten stehen Dolmetscher zur Verfügung, die in 24 Sprachen übersetzen müssen.
Danach wurde über das Zustandekommen des Brexits gesprochen und uns in einem kurzen, aber durchaus prägenden Einspieler vor Augen geführt, wie wichtig es ist, dass auch junge Menschen im nächsten Jahr bei den Europawahlen vom 23. – 26.05.2019 wählen gehen, um die Vereinigung Europas „mit einer Stimme“ hervorzuheben. Uns darf die Zukunft Europas schließlich nicht egal sein!
Daraufhin haben wir als drittes Organ den Ministerrat in den Blick genommen. Neben dem Parlament hat der Rat der EU die Ideen aus der Kommission anzunehmen und mithilfe von Leitlinien umzusetzen. Die Referentin Frau Rebekka Wiemann vom juristischen Dienst des Generalsekretariats des Ministerrats hat uns durch alltagsnahe Beispiele, wie die Gewährleistung von Wasserqualität oder die angeordneten Ruhezeiten unseres Busfahrers, dafür sensibilisiert, wie unser Leben durch die Gesetze der EU beeinflusst wird.
Nach dem Besuch gingen wir alle zusammen zu der bekanntesten Frittenbude Brüssels „Maison Antoine“ und haben uns für den Nachmittag gestärkt.
Um 14.30 Uhr stand unser letzter Tagespunkt auf dem Programm: Wir besuchten gemeinsam das Haus der Europäischen Geschichte. Auf sechs Etagen konnte jeder für sich gemäß seiner individuellen Interessenlage mithilfe eines Tablets die Ausstellung verfolgen. Zunächst stand das 19. Jahrhundert – Europas „Eintritt in die Moderne“ im Vordergrund, bevor im weiteren Verlauf der Ausstellung Europas Abstieg in Krieg und Zerstörung gezeigt wurde.
Anschließend wurde die Suche nach einem besseren Leben in einem zunehmend vereinten Europa beleuchtet.
Gegen 17.30 Uhr kamen wir wieder in unser Hostel zurück und konnten den Abend frei gestalten. Dabei gab es spontan die Möglichkeit, das UEFA Nations League-Fußballspiel Belgien – Island in dem nicht weit entfernten König- Baudouin-Stadium live mitzuerleben. So machten sich sieben fußballbegeisterte Schüler mit Herrn Wörmann um 19.00 Uhr mit der Metro auf den Weg, das Sportevent zu besuchen. Der Großteil der restlichen Teilnehmer hat dann am Abend einen Blick in die bekannte Kultkneipe „Delirium“ geworfen.
Am Freitag, dem letzten Seminartag, besuchten wir die Landesvertretung NRW in Brüssel. Die Aufgabe der Landesvertretung ist es, als Bindeglied zwischen NRW und der EU, zu informieren und zu repräsentieren. Unser Referent Jörg Singelnstein berichtete, dass die Interessen unseres Bundeslandes mit 18 Mio. Einwohnern nicht immer deckungsgleich sind mit denen der anderen Bundesländer sowie den anderen EU-Ländern. Dabei ist es interessant, dass 33 % der deutschen Gesetze auf EU-Initiativen zurückgehen. Überrascht hat uns alle, dass Deutschland die fünftmeisten EU-Vertragsverletzungen begeht. Dabei berichtete der Referent auch von aktuellen „heißen Eisen“ wie der Flüchtlingsdebatte, die man aus seiner Sicht als Bürger in Brüssel nicht so stark mitbekommt.
Im letzten Vortrag unseres Europaseminars gab uns ab 10.45 Uhr Herr Hans-Wolfgang Busch als Geschäftsführer der AHK Debelux einen Überblick über die Strukturen und das Volumen des deutschen Außenhandels. Deutschland ist als drittgrößter Importeuer und Exporteur (2017) ein wichtiger Wirtschaftsmotor für Europa. Allein in Belgien gibt es beeindruckende 730 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung.
Nach einer 60-minütigen Mittagspause machten wir uns mit vielen neuen Eindrücken und wertvollen Erinnerungen auf die Heimreise. Die jetzigen Unterstufenklassen des Groß- und Außenhandels werden auch im nächsten Jahr ähnliche interessante Erfahrungen in Brüssel erleben.
Was können wir nun alle aus den letzten drei Tagen „mitnehmen“?
Ungeachtet einer sinkenden Wahlbeteiligung sowie nationalpopulistischen Strömungen brauchen wir die EU. Die EU hat seit ihrem Bestehen als größte Errungenschaft seit dem zweiten Weltkrieg den Frieden auf diesem Kontinent stabilisiert und gesichert.
Alexander Wilczek